Wenn ein strauchelndes Wirtschaftssystem auf eine globale Krise trifft, kann es kein „neues Normal“ für die Weltwirtschaft geben. Bereits vor der Krise machte die klassische industrielle Wirtschaft einer digitalen, automatisierten Dienstleistungsgesellschaft Platz und das globale Wachstum erreichte ein Plateau. Die über ein Jahr andauernden Krisenmaßnahmen haben die Probleme zum Teil verschärft und gezeigt, wie wenig resilient und wie anfällig die auf Effizienz ausgerichteten globalen Warenströme sind.
Diese globalen Warenströme und die diese ermöglichenden Lieferketten werden sich weiter verändern und regionaler werden. Seit 2013 baut China mit über 60 weiteren Ländern internationale Handels- und Infrastrukturnetze von Asien bis Europa auf, auch genannt „die neue Seidenstraße“ oder „Belt and Road Initiative (BRI)“. Ziel dieser Initiative ist es, neue Absatzmärkte für China zu generieren und die Anbindung bisher vernachlässigter Regionen herzustellen. Westliche Kritiker sehen darin das Bestreben Chinas, Länder unter ihre Handelshoheit zu bekommen. Dementsprechend haben die G7 dieses Jahr unter der Führung der USA mit der „Build Back Better World (B3W)“ Initiative, eine Konkurrenzprojekt initiiert, das verspricht, Länder und Regionen an die Systeme des Westens anzubinden. Wie auch immer die Ziele lauten mögen, Absicherung und Einflussnahme scheinen die Zeichen der Zeit zu sein.
In unserer ZukunftsSkizze (siehe Grafik) haben wir die Szenarien anhand der Dimensionen „Resilienz / Nachhaltigkeit“ und dem „Grad der nationalen / regionalen Autarkie“ aufgebaut. Diese Faktoren beschreiben unserer Meinung nach am besten das Spannungsverhältnis, in dem sich der internationale Handel befinden wird.
Stotternde Weltwirtschaft
In diesem Szenario läuft alles wie gehabt, d.h. der Fokus liegt immer noch auf Effizienz und Wachstum. Allerdings gibt es größere Probleme in der Beschaffung, der Ressourcensicherheit und in der Durchgängigkeit globaler Lieferketten. Nachhaltigkeit ist lediglich eine Funktion der Resilienz und Lieferprobleme, wie wir sie gerade in der Beschaffung von Holz erleben, treten vermehrt auf, womit Teile der Produktionsketten verlangsamt oder für eine Zeit lahmgelegt werden. Firmen müssen sich Alternativen erarbeiten und z.T. improvisieren.
Absicherung der Warenströme
Eine stotternde Wirtschaft werden Regierungen und Unternehmen nicht einfach hinnehmen, sondern sie sichern die Warenströme in ihrem Sinne ab. In dem Ausmaß, in dem die Privatwirtschaft oder der Staat diese Absicherungen angeht, nimmt die Lagerhaltung zu, woraus Engpässen und Preissteigerungen bei Rohstoffen und zeitabhängigen Waren, wie z.B. Kühlware und zeitkritische Komponenten für die Produktion, resultieren. Staaten, Firmen und Investoren tätigen größere Investments in wichtige Ressourcen in Form von Aufkäufen und Beteiligungen. Eine Folge sind Unübersichtlichkeit und Umstrukturierungen der Lieferketten.
Neo-Kalter Krieg
Während im Szenario der Absicherung ein globaler Handel noch möglich ist, ist das in diesem verstärkt auf Autarkie ausgerichteten Szenario nicht mehr der Fall. Der Konflikt um die neue Seidenstraße löst hier einen kalten Wirtschaftskrieg aus, der die Handelsstrukturen in ein enges Netz von nationalen und regionalen Interessen zwingt. Die Mitspieler – hauptsächlich USA und China – ordnen ihr Tun der wirtschaftlichen Unabhängigkeit inkl. der Autarkie der Ressourcen unter, was als gleichbedeutend mit politischer Unabhängigkeit angesehen wird. Die Wirtschaft ist in ein enges Korsett gezwungen und die bisherigen Lieferketten werden neu strukturiert.
Abgegrenzte Handelszonen
Sollte ein neuer kalter Krieg aufgrund der insgesamt mangelnden Verfügbarkeit von Ressourcen nicht möglich oder auch politisch nicht gewollt sein, dann werden sich wäre abgegrenzte Handelszonen mit reguliertem Austausch bilden. In diesem Szenario hat die Wirtschaft noch globale Handelswege zur Verfügung, ist aber weitgehend autark und auf die Regionen beschränkt. Konflikte entstehen an den Rändern der jeweiligen Region, um den Einfluss auf bestimmte Staaten sowie auf bestimmte strategische Ressourcen zu sichern. Im Gegensatz zum vorherigen Szenario wird dies allerdings nicht als existenzbedrohend für die Regionen und Kulturen gesehen.
Fazit
Keine der hier betrachteten Möglichkeiten führt zurück in die sogenannte „neue Normalität“. Ob wir die globale Ausrichtung, die Nachhaltigkeit oder die Resilienz betrachten, die alten Strukturen – sowohl in Wirtschaft als auch Politik – werden die neuen Aufgaben nicht bewältigen können. Organisationen und Firmen sind daher gut beraten, ihre Geschicke aktiv in die eigenen Hände zu nehmen und auf die resultierenden Eventualitäten vorbereitet zu sein.
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